Der Einfluss von UG Krishnamurti auf Yoga

von Mark Whitwell

 

„SIE VERSUCHEN, DEN FRIEDEN DURCH GEWALT ZU FORCIEREN. YOGA, MEDITATION, GEBETE, MANTRAS, DAS SIND ALLES GEWALTTÄTIGE TECHNIKEN. DER LEBENDIGE ORGANISMUS IST SEHR FRIEDLICH; SIE MÜSSEN  GAR NICHTS TUN. DER FRIEDLICH FUNKTIONIERENDE KÖRPER KÜMMERT SICH NICHT IM GERINGSTEN UM IHRE EKSTASEN, VERZÜCKUNGEN ODER GLÜCKSELIGEN ZUSTÄNDE.“ UG KRISHNAMURTI

 

Was ist von solchen Aussagen zu halten? Es ist unbestreitbar, dass UG Krishnamurti ein ungewöhnlicher und äußerst attraktiver Mensch war – in etwa so, wie eine Katze attraktiv ist. Natürlich attraktiv. Er war ein natürlicher Mensch.

Da ich ein Schüler von Desikachar und Krishnamacharya war, ein Schüler des Yoga, wollte ich nachvollziehen was das, was UG Krishnamamurit sagte, für Yoga bedeutet.

UG machte es mir sehr leicht, indem er ausführlich darüber sprach. Er setzte  sich mit Melissa Forbes und mir auf den Boden um uns zu zeigen, wie natürliche Bewegungen aussehen, frei von jeglichem Kampf oder Streben.

Es wurde offensichtlich, dass jede  Yoga-Praxis, die entsteht, etwas vollkommen natürliches ist. Die Yoga-Praxis entsteht als das, was der Körper ganz natürlich tut, wenn er traumatisierte  wurde.

Ein Körper, der sich in einem Zustand des Traumas befindet, wird anfangen, sich zu bewegen und in harmonischen Mustern  zu atmen. Die  Welt des Yoga ist derzeit jedoch geprägt von der spirituellen und religiösen Psychologie, die darauf abzielt, an sich selbst zu arbeiten um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Yoga wird durch den Drang des Geistes und des Körpers, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, entfremdet.

Dieses Streben, irgendwohin zu gelangen, behindert das Wahr-nehmen der vereinigten Konstitution, in der sich der Körper bereits befindet.

Wenn wir also das Streben aus dem Yoga herausnehmen, das Streben, irgendwohin zu gelangen, und wissen, dass es eine völlig natürliche Sache ist, eine tierische Sache – sich zu bewegen und zu atmen und die Anatomie des gesamten Körpers zu nutzen, um am Atem teilzuhaben – dann ist das etwas völlig anderes.

Man kann mit Sicherheit sagen, dass jeder darauf „programmiert“ wurde, durch Yoga nach etwas zu suchen, durch Yoga etwas  zu verwirklichen.

Viele versuchen zu ergründen, ob Yoga „gut oder schlecht“ ist, als ob das Wort nicht schon an sich eine Vielzahl von unterschiedlichen Ansätzen mit dem Potenzial für völlig gegensätzliche Geisteshaltungen in der Praxis umfassen würde.

Meines Erachtens hat  UG damals Krishnamacharya “dem Feuer seiner eigenen Lehre ausgesetzt“. Der Yoga, den Krishnamacharya und Desikachar  teilten, war zweifelsohne tantrisch – die Vereinigung von Gegensätzen.

Dennoch gab es eine gewisse latente Spannung, da diese mächtige Tradition durch ihren vedantisch-brahmanischen kulturellen Hintergrund gefiltert wurde.

Krishnamacharya machte große Fortschritte, indem er sich dafür einsetzte, auch Frauen zu unterrichten, indem er darauf bestand, Yoga an jeden Menschen individuell anzupassen, und indem er orthodoxe Positionen religiöser Macht ablehnte, um der Bitte seines Lehrers nachzukommen, Yoga zu unterrichten. Zu dieser Zeit war dies keine besonders angesehene Tätigkeit in Indien im Vergleich zu anderen Rollen, die er hätte einnehmen können. Gleichwohl gab es natürlich Aspekte seines eigenen kulturellen Bezugssystems – die sehnsüchtige Suche nach einer Verbindung mit Ishvara, dem Herrn, in seinem Fall mit Lord Vishnu. 

UG verkörperte die Vereinigung von Gegensätzen – buchstäblich halb männlich und halb weiblich, wie die mythische Figur des ardhanarishvara, halb Shiva, halb Shakti. Krishnamacharya sah dies und nannte ihn den größten Yogi, den er je gesehen hatte. UG studierte dreieinhalb Jahre lang bei Krishnamacharya, um zu versuchen, seine Energie nach seiner „Kalamität“ in den Griff zu bekommen. Es war demnach kein überstürztes Urteil seinerseits. Krishnamacharya gab demütig zu, dass UGs Einwand gegen den von ihm gelehrten Yoga – nämlich, dass dieser seinen Energiefluss umkehre – außerhalb seiner Erfahrung lag. UGs unbezahlbarer Beitrag zum Yoga besteht darin, dass er Krishnamacharyas Yoga so verfeinerte, dass jegliches Streben eliminiert wurde.

Desikachar liebte UG. Melissa Forbes erinnert sich an einen Besuch von Desikachar bei UG. Desikachar legte seine Hände auf UGs Brust und Rücken, vorne und hinten am Herzen, und ging einfach eine Weile so mit ihm herum. UG hätte niemals zugelassen, dass ihn jemand aus Kriecherei oder ähnlichem berührt, daher war diese Art und Weise sehr ungewöhnlich. Es war eine aufrichtige Liebesbeziehung.

 

Sowohl Desikachar als auch Krishnamacharya empfanden große Liebe und Respekt für UG.

UG wurde vom Shankaracharya von Kanchipuram als jivamukti oder befreite Person anerkannt. Das interessierte ihn jedoch nicht besonders, da er solche Begriffe verachtete und darüber lachte. Unabhängig davon  verschaffte es ihm immensen Respekt in der hinduistischen Welt.

Darüber hinaus war UG einfach ein natürlich attraktiver und freundlicher Mensch.

UG sprach über „die Arroganz der Yogis, die ihre Nasenlöcher zuhalten“, und für mich ist dies vergleichbar mit der Aussage von Krishnamacharya, dass die Person, die sagt, sie sei ein Guru, kein Guru ist. UG hat häufig absichtlich provoziert und darauf bestanden, dass “alle Gurus bei Sichtkontakt sofort erschossen werden sollen”. Wenn sich zu viele Menschen um ihn herum versammelten, sah er die Schuhe und sagte: “Dieser Ort beginnt, wie ein Ashram zu stinken.”

Er besaß eine besondere Siddhi, Menschen von ihrer Suche nach alternativen Realitäten und Zuständen zu befreien. Manchmal war dies fast wie eine psychische Operation. Häufig kamen Menschen zu ihm, die dachten, dass er derjenige sei, der es für sie „tut“, indem er ihre Kundalini erweckt und sie aus der Spitze ihres Sahasras explodieren lässt oder etwas Ähnliches. Stattdessen zerstörte er ihre Hoffnungen, indem er ihnen sagte, dass sie nicht qualifiziert seien, um erleuchtet zu werden, und dass es so etwas wie Erleuchtung auch nicht gäbe. Nach der Enttäuschung und auch des abwehrenden Zorns fanden sehr viele Menschen eine neue Art von Freiheit, ohne ihre gewohnte Suche nach anderen Zuständen und Erfahrungen.

UG erklärte: “Ich sage, dass man durch Yoga nichts verwirklichen muss, da es nichts zu verwirklichen gibt. Sie sind bereits die Einheit des Lebens, und das ist unbestreitbar. Dies ist eine wissenschaftliche Tatsache, die nicht geleugnet werden kann.

Ebenso können Sie nicht leugnen, dass der Körper bereits eine außergewöhnliche Intelligenz ist, die in außergewöhnlicher Harmonie mit dem Universum steht. Die Schönheit des Lebens entsteht bereits in Ihnen, in Ihrem ganzen Körper. Sie ist bereits vorhanden – das ist nicht zu leugnen.”

„ERST MUSS DER TOD EINTRETEN, DANN BEGINNT YOGA. YOGA IST EIGENTLICH DIE FÄHIGKEIT DES KÖRPERS, SICH SELBST AUS EINEM ZUSTAND DES KLINISCHEN TODES ZURÜCKZUHOLEN.“ – UG

 

Wenn die mathematische Aussage verstanden und gehört wird, kannst du gehen: „Oh, ok, ich bin fertig, ich bin glücklich, wenn ich hier in meinem Haus sitze – während des Lockdowns. Mein Körper ist eine Einheit mit den Sternen, der gesamten Mutter Erde, der Sonne und dem Mond, dem Pflanzenreich, dem Wasser und der Erde sowie allen unsichtbaren Gegebenheiten des Kosmos.“ Weil es wahr ist!

Dein Körper befindet sich in einer tiefen Harmonie mit allen materiellen und immateriellen Gegebenheiten des Kosmos. Und wenn du die faktische Wahrheit dieser Aussage spürst, wirst du tief ausatmen und sagen: Okay, mir geht’s gut. Sogar zu Hause während des Lockdowns! Und wenn dann Yoga für dich auftaucht, dann ist es ein einfaches Teilhaben an dieser gegebenen Realität, kein Suchen.

Ich setze mich für Yoga ein, insbesondere für das Yoga in der von Krishnamacharya und Desikachar gelehrten Form und mit den Verfeinerungen von UG, weil die schädlichen Denkmuster, die das Leben verleugnen, und all die festgefahrenen Muster der gesellschaftlichen Abgrenzung, die so viel Leid verursachen, irgendwie deprogrammiert werden müssen.

Wir geben den Menschen dieses Yoga und es deprogrammiert sie – es ermöglicht ihnen, die kulturellen Muster abzustreifen.

Ich habe einen Plan für die ganze Welt, nämlich, dass wir alle von dem Mangel an Verständnis und der Unfähigkeit, Leben zu empfangen, deprogrammiert werden.

Es ist notwendig, dieses Yoga in die Welt zu bringen, damit die Menschen sich bewegen und atmen und ihr Nervensystem auf Entspannung umprogrammieren können. Und dann sind sie vielleicht in der Lage, dies zu hören. Es ist kein Yoga des Suchens. Keine Manipulation des Körpers und des Geistes in irgendeiner Weise.

ECHTE STILLE IST EXPLOSIV, SIE IST NICHT DER TOTE ZUSTAND DES GEISTES, DEN SPIRITUELLE SUCHER VERMUTEN. SIE IST VULKANISCH IN IHRER NATUR; SIE BRODELT UNAUFHÖRLICH – SIE IST ENERGIE, DAS LEBEN – DAS IST IHRE QUALITÄT. – UG Krishnamurti

 

Den englischen Originaltext kannst du hier lesen: The Influence of UG Krishnamurti on Yoga.